Als Sprecher ist mir die Werbung natürlich nicht fremd. Werbespots für Funk, Fernsehen und Internet brauchen fast immer eine Off-Stimme. Aber eine Sache stört mich: viele Kunden geben teilweise völlig sinnlos ihr Geld aus. Denn es gibt Slogans, über die stolpert man immer wieder. Ich nenne diese Slogans gerne auch „Phrasen-Claims“. Hier drei davon für Sie.
Phrasen-Claim 1: „Irgendwie anders“
„Irgendwie anders“ ist etwas immer dann, wenn einem nicht einfällt, was seine Marke von Anderen eigentlich unterscheidet. Schon bei dem Wort „Irgendwie“ stellen sich mir die Nackenhaare hoch. „Irgendwie“ signalisiert mir Willkür, Desorientierung und „Noch-Mal-Glück-Gehabt“. „Irgendwie“ ist das abgebrochene Brainstorming, weil im Fernsehen gleich noch was spannendes läuft und man auch keinen Bock hat länger über so einen Blödsinn wie „Markenmanagement“ nachzudenken. „Anders“ ist hingegen ein sehr schönes Wort – wenn man denn Außenseiter mag – also die Typen, die damals auf dem Schulhof immer besonders Finster geschaut haben. Aber: keine Sorge! Ihr Produkt ist ja nur „irgendwie anders“ – also nicht so richtig, irgendwie halt. Wer seinen Kunden im Nebel stehen lassen möchte – und sich auch sonst vor klaren Aussagen scheut, benutzt genau diesen Phrasen-Claim.
Phrasen-Claim 2: „Einfach gut“
„Einfach gut“ ist ein direktes Zitat von Lieschen Müller nach dem letzten Pur-Konzert: „Dat war nämlich einfach Gut!“ Generell sagt Lieschen das über Alles und Jeden. „Einfach“ weil sie auch sonst von recht schlichtem Gemüth ist, „Gut“ weil das die Note in der Schule war, die ihr der Lehrer immer vergönnte. Ich stelle mir Lieschen Müller auch gerade als Autoverkäuferin vor. Einfältig sitzt sie da vor dem Kunden, der jetzt eine 40000-Euro-Entscheidung zu treffen hat. Lieschens Verkaufsargument wird ihn restlos überzeugen… denn dieser Toyota ist ja wirklich „einfach gut“. Recht hat Sie – wo soll ich unterschreiben!? – Abgesehen davon, dass „einfach gut“ spätestens seit der letzten McDonalds-Kampagne („McDonals ist einfach gut“) einfach nur noch an heillose Verfettung erinnert, gehört dieser Phrasen-Claim in die Einfach-Verwertung.
Phrasen-Claim 3: „Vertrauen Sie uns“
„Vertrauen Sie uns“ sagen Männer mit rauchiger Stimme, schwarzem Anzug und Sonnenbrille. Kurz danach senken sie die Füße Ihres Opfers in flüssigen Beton und entsorgen ihn gewissenhaft im nahegelegenen Fluss. Leute, die „Vertrauen Sie uns“ sagen, sind von Natur aus gefährlich. Denn: warum bitteschön betonen die das so. Gab es da etwa mal einen Skandal, von dem ich nichts weiß!? – „Vertrauen Sie uns“ macht mir fürchterliche Angst. Dabei ist „Vertrauen“ so ein schönes Wort. Ich schließe die Augen und fühle mich aus dem Stand wieder prä-natal: heimelich, fernab von allem Übel, beschützt – Vertrauen ist gut! Aber dieser Imperativ macht alles zunichte. Merke: vertauenswürdige Personen brauchen nicht das „Vertrauen“ zu befehlen – sie bekommen es von ganz allein. Abgesehen davon vertraue ich niemandem, den ich Sieze. Aber „Vertrau mir“ klingt wiederum verdächtig nach dem unverhofften ersten Mal nach dem High-School-Schulball. Also: streichen sie „Vertrauen Sie uns“ von Ihrer Liste – vertrauen Sie mir!
… für den genuss eines der originelleren Webauftritte. Gefällt mir außerordentlich gut – vor allem, weil die Apple-Ästhetik, die ja sogar im professionellen Dokumentarfilmsektor Fuß gefasst hat, hier sehr dezent zurückgenommen ist. Denn Apple ist zwar Qualität, aber auch ein Massen-Manierismus.
Schön, dass man beim Anhören der Stimmproben weitersurfen kann. Hat die Site ein Profi gemacht oder Du selber? Im letzteren Falle bist Du über das Sprechen hinaus begabt
Schöne Grüße,
Frank
Danke für die netten Worte. Ich habe die Seite konzipiert – für Gestaltung, Haptik und Video ist Kai Jacobsen verantwortlich. Seine Kontaktdaten findest Du im Impressum.
Bei der Grundidee zu Ichbinsprecher.de stand eher Google Pate – mit einem kleinen Schuss Fancyness, oder wie Du es nennst: Apple-Manierismus. Denn ich bin beim Thema Onlinepräsenz einer anderen Meinung, als viele meiner Sprecherkollegen. Auch wenn es auf ichbinsprecher.de um eine künstlerische Dienstleistung geht, so möchte ich den Leuten nicht den einfachen Zugang verwehren. Die Losung „Willst Du was gelten, mach Dich selten“ gilt nämlich nicht mehr:-) Und: künstlerische Verschwurbeltheit ist eher ein Fall für die Kunsthochschule, als für eine Homepage mit dem Ziel, Kunden auf sich aufmerksam zu machen…