Ich liebe meinen Beruf als Sprecher. Aber: wir Kreative und Künstler arbeiten in einer von Missverständnissen durchdrungenen Branche. Es scheint für viele Menschen schlicht unbegreiflich zu sein, dass wir mit unserem Beruf tatsächlich Geld verdienen und – unfassbar – davon auch noch leben können. Und gerade in der Ingenieurs- und Handwerker-Nation Deutschland glauben erstaunlich viele Menschen nicht, dass Kreativität und Kunst allein zum Leben tatsächlich reicht. Dieser Unglaube eruptiert meist im direkten Gespräch: ein Missverständnis jagt das Nächste. Hier die schönsten Fragen, die über den Fragesteller meist mehr verraten, als der Gefragte jemals antworten könnte.

„Wie kommst Du eigentlich auf die ganzen Ideen?“

Eigentlich ist diese Frage so gesehen harmlos – aber in ihr versteckt sich eine schlimme Offenbarung des Fragestellers. Es ist traurig: aber wer danach fragt, wie man auf eine Idee kommt, der hat noch niemals eine gehabt. Und ein Leben ohne Idee ist wiederum für mich als Künstler unvorstellbar. Wie erklärt man also einem Menschen, der sein Leben bisher ausschließlich in einem Vakuum verbracht hat, was Wind ist!? – Gar nicht. Deshalb ist meine Standard-Antwort auf diese Frage: „Einfach so.“  Die nicht-repräsentative Statistik zeigt: 95 Prozent aller Fragesteller sind mit dieser Antwort zufrieden. Die restlichen 5 Prozent wollen es genauer wissen. Denen sage ich: „Ich bin sensibel, beeindruckbar, neugierig und beweglich. Ich gehe gerne an Orte an denen ich noch niemals war und tue gerne Dinge, die ich niemals getan habe. Ich öffne die Tür – ohne zu wissen wer reinkommt und schließe sie niemals ab. Wie komme ich also auf Ideen!? Nun, gelegentlich ziehe ich einfach mal den Kopf aus dem Arsch.

„Was macht so ein Künstler eigentlich beruflich?“

Hier gibt der Fragesteller klar zu erkennen, dass in seinem Universum Beruf nichts mit Kunst zu tun haben kann. Alles fernab seiner IHK-zertifizierten Welt fällt bei ihm brutal in die Kategorie „Hobby“. Mit Arbeit hat künstlerisches Schaffen für ihn nichts zu tun. Um hier das Misverständnis aus dem Weg zu räumen: Auch Künstler und Kreative dürfen eine Rechnung schreiben. Es gibt sie sogar in Festanstellung mit – tataaa – regelmäßigem Gehalt.

„Wenn Du ein Hobby zum Beruf hast, wann hast Du dann eigentlich frei?“

Ein tolle Frage! Verrät Sie doch, warum der Fragesteller eigentlich einen Beruf hat. Und zwar um frei zu haben. Für ihn gibt es oft eine klare Grenze zwischen Berufs- und Privatleben. Zuhause denkt er wenig an seinen Job – und generell möchte ich behaupten: sein Job hat mit seinem Leben nicht viel zu tun. Er kommt nach Hause, macht die Tür zu und muss nicht mehr nachdenken. Es ist schwer diesem Menschen zu erklären, dass ein Künstler sich für seinen Beruf nicht entschieden hat, um sein Leben zu finanzieren, sondern weil ein Künstler im Grunde ein Getriebener ist, der um Ausdruck ringt. Sein Privatleben – wenn man es denn so nennen mag – ist oft nichts anderes als die Inspirationsquelle seines Berufslebens. Ein Künstler hat also genaugenommen niemals frei.

„Warum hast Du eigentlich nichts Sicheres gelernt?“

Hier tut mir der Fragesteller geradezu leid – er glaubt nämlich, dass er sicher sei. Dabei wusste der olle Sokrates schon, dass die einzige Sicherheit, die es gibt, eigentlich die Unsicherheit ist. Nun, ich habe nichts Sicheres gelernt, weil es nichts Sicheres gibt. Fragt all die Anwälte, die keinen Job bekommen haben und all die Bankkaufleute, die in der Finanzkrise ihren Job verloren haben oder die BWLer, die erst gar keinen bekommen. Sicherheit – es ist wahr – ist eine Illusion…

Jetzt Ihr: Kennt Ihr auch solche Fragen? – Immer her damit!